
In Zeiten wie diesen konnte ich mit dem „Kiebitz“ nicht weitermachen wie bisher. Wo der Irrsinn regiert, hört die Normalität auf.1
»Die dem Journalismus angemessene Farbe ist nicht Schwarz, nicht Weiß, sondern Grau. Das ist die Farbe des Zweifels.«
Michael Jürgs (1945-2019)
Mir scheint, es gibt gerade nur noch Schwarz und Weiß. Das ist falsch und dumm.
Ich werde mich daran nicht beteiligen. Es liegt mir nicht. Es ist gegen meine Natur. So heißt dieses Blog nicht ohne Grund „Unscharf“. Das bedeutet nicht, keine Position zu beziehen. Ganz im Gegenteil. Aber es geht darum, den Vereinfachern, den (wohlmeinenden) *-Wissern, die nur „Ja“ und „Nein“ kennen, das „Warum?“ entgegenzusetzen.
„The real world is pervaded with fuzziness.“
ScienceDirect
Weil nichts im Leben nur 0 oder 1 ist. Das war es nie. Erst recht nicht jetzt. Man muss die Zwischentöne, das Dazwischen, das Analoge, die Unschärfe, die Fuzzyness, das Grau wertschätzen, achten und verteidigen.
Sonst wird jeder Diskurs zu einem Distanzgefecht. Rhetorische Artillerie. Eine Debatte, die nur Sieg oder Niederlage kennt, ist keine.
Ich kann auch nicht verhehlen, dass das Ausmaß an Inkompetenz und Dummstolz auf allen politischen Ebenen – Kommune, Kreis, Land, Bund, Welt, vom Bürgermeister bis zum Kriegskanzler und seinem Kriegskabinett – weit über das hinaus geht, was ich noch verarbeiten kann und will.
Niemand lasse sich von den vollmundigen Versprechungen täuschen. Deutschland verhebt sich, isoliert sich, verzwergt sich.
Der merkwürdige Herr Scholz von der SPD ist auf dem besten Weg, als tragische Gestalt in die Geschichte einzugehen. Meine Meinung: Zwei Drittel des Weges hat er schon geschafft. Dabei ist diese Versager-Koalition noch nicht mal drei Monate im Amt. Erstaunlich.
Ja, ich habe mich gerade zweimal selbst zitiert. Beide Quotes von meinem früheren Blog sind noch recht frisch. Manchmal hasse ich es, recht zu behalten.
Gestern saß der Kanzler in irgendeiner Talkshow – ja, richtig gehört. So regiert man heute. Ich hab’s mir nicht angetan. Nicht nur, weil ich dieses Fasel-TV ohnehin hasse wie die Pest. Ich bin ernsthaft so weit, dass mir das am Steiß vorbeigeht, was der deutsche Regierungschef erzählt. Noch irrelevanter sind nur der liberale Blender vom Dienst, der ein „Sondervermögen“ nach dem anderen aus dem Hut zaubert und sich mit seiner „Friedensenergie“ für den Kreml-Kreativ-Propaganda-Preis qualifiziert hat, dann die Wirtschaftskonifere aus Schleswig-Holstein und natürlich das Schnatterinchen.
Dazu das nicht enden wollende hysterische, gendervergiftete Gekreische von allen Ästen des Papageienbaums – lies: elektronische Medien, Radio, TV -, garniert mit sogenannten Expertisen, die in neun von zehn Fällen nur Meinung sind. Dass diese Expert:innen sich nach einer Woche einmal im Kreis gedreht haben mit ihren „fachlichen Einschätzungen“, merkt kaum einer. „Versendet sich“, sagt man in Redaktionen gern.
Was es nicht gerade besser macht, ist der von mir seit Jahren bereits beklagte Umstand, dass irgendeine rustikale Äußerung irgendeines Hintersassen zu irgendeinem Thema in irgendeinem Netzwerk heute als Nachricht kolportiert wird. Wenn dann noch irgendeiner widerspricht, hat man eine „Debatte“ zu einem „umstrittenen“ Thema. Bingo! Falls es dann auch noch „trendet“ – Doppel-Bingo! So sind die Timeline von eben diesen Netzwerken und die „Nachrichtenseiten“ dann oft kaum noch zu unterscheiden.
Das war mal anders.
Man müsste nur einfach mal die Kameras umdrehen, Redaktionskonferenzen filmen und würde so erfahren, warum man vielleicht die Welt verbessern kann, aber nicht das Fernsehprogramm.
Roger Willemsen, 15. August 1955 in Bonn; † 7. Februar 20162
Meine Geduld ist groß, aber nicht unerschöpflich. Schwere Idioten-Allergie. Ich brauche dringend Abstand von diesem Zirkus. Je mehr, desto besser. Dann verraucht meine Wut vielleicht.
Da backe und koche und bastele ich lieber.
Natürlich nur, bis uns allen der Himmel auf den Kopf fällt. Was wohl nicht mehr lange dauert.
